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Pressemitteilung 169/2007

169/07 - 6. Dezember 2007

Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2008:

Höchstdotierter deutscher Forschungspreis für den Augsburger Physiker Professor Jochen Mannhart

Bahnbrechende Entdeckungen auf dem Gebiet funktionaler Grenzflächen in Oxiden

Die Preisträgerinnen und Preisträger 2008 im Gottfried Wilhelm Leibniz-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) stehen fest: Zu den zehn Wissenschaftlern, die der zuständige Bewilligungsausschuss der DFG heute für die Auszeichnung mit dem höchstdotierten deutschen Förderpreis bestimmt hat, zählt der Augsburger Physiker Prof. Dr. Jochen Mannhart (47). Die mit dem Preis verbundenen Fördermittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro kann Mannhart im Laufe der kommenden sieben Jahre flexibel für seine Forschungsarbeiten einsetzen. Mannhart ist seit 1996 Inhaber des Lehrstuhls für Experimentalphysik VI im Center for Electronic Correlations and Magnetism des Institut für Physik der Universität Augsburg. Insbesondere mehrere bahnbrechende Endeckungen auf dem Gebiet funktionaler Grenzflächen in Oxiden haben Mannhart zu einem seit Jahren international renommierten Experimentalphysiker gemacht.

Angesehenste Auszeichnung für Forscher in Deutschland

Neben der Strukturbiologin Dr. Elena Conti vom MPI für Biochemie, Martinsried, ist der Augsburger Physiker in diesem Jahr der einzige Leibniz-Preisträger einer bayerischen Universität, der vom Nominierungsausschuss aus insgesamt 158 Vorschlägen ausgewählt wurde. Die drei Preisträgerinnen und acht Preisträger "stehen für das hervorragende Niveau und die fachliche Breite der Spitzenforschung in Deutschland", sagte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner anlässlich der heutigen Entscheidungen. Er verwies darauf, dass der seit 1986 vergebene Leibniz-Preis längst nicht nur die angesehenste Auszeichnung für Forscherinnen und Forscher in Deutschland ist. "Sechs der Ausgezeichneten haben nach dem Leibniz-Preis auch den Nobelpreis erhalten, darunter die Entwicklungsbiologin Christiane Nüsslein-Volhard und der diesjährige Chemie-Nobelpreisträger Gerhard Ertl", sagte Kleiner. "Der Leibniz-Preis ist damit weltweit ein Gradmesser für allerhöchste wissenschaftliche Qualität."

International renommierter Experimentalphysiker mit bahnbrechenden Entdeckungen

"Dem international renommierten Experimentalphysiker Jochen Mannhart", so begründet die DFG seine Auszeichnung, "sind bereits mehrfach bahnbrechende Entdeckungen auf dem Gebiet funktionaler Grenzflächen in Oxiden gelungen. Verdient machte sich Mannhart unter anderem um die Optimierung von Korngrenzen in Hochtemperatursupraleitern. Ebenso konnte er rein oxidische Feldeffekt-Transistoren konstruieren, mit denen sich die Ladungsträgerdichte von Grenzschichten besonders wirkungsvoll steuern lassen. Nicht zuletzt hat Mannhart mit seiner Arbeitsgruppe ein besonders kraftempfindliches Tieftemperatur-Rastersondenmikroskop entwickelt, das eine Rekordauflösung von 77 pm erreicht und erstmals einzelne Atome mit subatomarer Auflösung darstellbar machte. Für die Beantwortung grundlegender Fragen zur Rolle der Elektronensysteme in Festkörpern sind Mannharts Arbeiten ebenso wegweisend wie für die Entwicklung der zukünftigen Elektronik, Optoelektronik und Spintronik.

Zum Arbeitsgebiet von Professor Mannhart

Komplexe Materialien mit neuartigen elektronischen Eigenschaften stehen im Brennpunkt der aktuellen Festkörperphysik. Zum einen werfen sie grundlegende Fragen zum Verständnis der Elektronensysteme in Festkörpern auf, zum anderen sind sie von zentraler Bedeutung für die zukünftige Elektronik, für die Optoelektronik und für die Spintronik. In vielen Fällen wird das Verhalten der Elektronensysteme durch Grenzflächen kontrolliert. Grenzflächen nehmen daher eine Schlüsselrolle in der Erforschung und Anwendungsentwicklung korrelierter Materialien ein.

Grenzflächen in Oxiden mit korrelierten Elektronen führen in der Regel zu drastischen Änderungen im Elektronensystem auf Nanometerskala, bei denen sogar neue elektronische Phasen entstehen können. Grenzflächen in korrelierten Oxiden sind daher wesentlich komplexer als Grenzflächen in konventionellen Metallen oder Halbleitern, zugleich eröffnen sie jedoch auch völlig neue Perspektiven für Anwendungen.

Für die wegweisenden Beiträge, die Mannhart zum Problem der Korngrenzen in Hochtemperatur-Supraleitern geleistet hat, und speziell für die Fortschritte bei der Kontrolle der physikalischen Transportvorgänge in diesen Materialien, die er über Kornausrichtung und Feldeffekt sowie über die Veränderungen der Elektronendichte (Doping) erzielt hat, ist Mannhart bereits im vergangenen Jahr zum fellow der American Physical Society (APS) ernennt worden.

Den elektrischen Feldeffekt in Hochtemperatur-Supraleitern entdeckt

Feldeffekttransistoren bieten die einzigartige Möglichkeit, die Ladungsträgerdichte von Grenzschichten in situ, reversibel, und ohne strukturelle Effekte zu ändern. Daher wird seit langem versucht, Feldeffekt-Transistoren zu konstruieren, deren Drain-Source Kanäle aus beliebigen Materialien bestehen. Mannharts Arbeitsgruppe ist es gelungen, erstmals rein oxidische Feldeffekt-Transistoren herzustellen und mit diesen den elektrischen Feldeffekt in den Hochtemperatur-Supraleitern zu entdecken. Mittlerweile kann man in supraleitenden Feldeffekt-Transistoren mittels Gate-Spannungen die kritische Temperatur von Grenzflächen in Supraleitern um bis zu 30 K modulieren. Diese Feldeffekte wurden weltweit von zahlreichen Gruppen reproduziert. Außerdem wurden die grundlegende Idee und die Probengeometrie auf ein breites Spektrum anderer Materialien übertragen.

Mit der Bikristall-Technologie den Schlüssel zur Untersuchung und Nutzung der Korngrenzen gefunden

Die Optimierung der physikalischen Eigenschaften von Korngrenzen in Hochtemperatur-Supraleitern ist sowohl für die Grundlagenforschung wie auch für technische Anwendungen von größter Bedeutung. Die Optimierung der Korngrenzen ist u. a. für den verlustarmen Energietransport in supraleitenden Kabeln unverzichtbar. Mit der Erfindung und Entwicklung der Bikristall-Technologie ist es Mannhart gelungen, den Schlüssel zur Untersuchung und Nutzung der Korngrenzen zu finden. Die Untersuchungen der Korngrenzeneigenschaften mit Bikristallen führten ihn und seine Arbeitsgruppen zur Entdeckung der drei grundlegenden Techniken, mit denen Hoch-Tc-Kabel optimiert werden können: zum einen die Ausrichtung der supraleitenden Körner entlang aller Achsen, zum zweiten Vergrößerung des Aspektverhältnisses der Körner und zum dritten die selektive Dotierung der Korngrenzen. Die Ausrichtung der Körner bildet die Grundlage der Hoch-Tc Bandsupraleiter, die derzeit weltweit mit einem Aufwand von mehr als 70 Millionen Dollar pro Jahr Jahr erfolgreich entwickelt werden.

Erstmalige Abbildung einzelner Atome mit subatomarer Auflösung

In parallelen Arbeiten entwickelt die Arbeitsgruppe Mannharts Tieftemperatur-Rastersondenmikroskope mit höchster Auflösung zur Klärung grundlegender Fragen der Physik komplexer Materialien. Dabei wurden bereits Mikroskope gebaut, die eine Rekord-Ortsauflösung von 77 pm erreichen und so zum ersten Mal einzelne Atome mit subatomarer Auflösung abbilden konnten. Ihre außerordentliche Kraftempfindlichkeit gestattet es zudem, die Reibungskräfte an einzelnen Atome zu messen und dadurch die mikroskopische Grundlage der Reibung zu identifizieren. Diese Rastersondenmikroskopie-Techniken sollen in der Zukunft zur Analyse funktionaler Grenzflächen mit atomarer Auflösung eingesetzt werden.

Zur Person: Prof. Dr. Jochen D. Mannhart

1960 in Metzingen geboren, studierte Mannhart an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen Physik. Bereits ein Jahr nach dem Diplom (1986) promovierte er ebenfalls am Tübinger Institut für Physik, wo er 1994 dann auch habilitiert wurde.

Unterbrochen von einem dreisemestrigen Forschungsaufenthalt als Gastwissenschaftler am IBM T. J. Watson Research Center, Yorktown Heights, USA, in den Jahren 1987/88, forschte Mannhart von 1986 bis 1989 am Insitut für Physik der Universität Tübingen. Von 1989 bis 1996 war er dann Research Staff Member im Physik-Department des IBM Zurich Research Laboratory, Rüschlikon, Switzerland, ab 1992 war er dort First Line Manager der Arbeitsgruppe "Novel Materials and Heterostructures". 1996 folgte er einem Ruf auf den auf den Lehrstuhl für Experimentalphysik VI - einen von drei Lehrstühlen, die im Rahmen der Errichtung des Zentrums für Elektronische Korrelationen und Magnetismus neu am Institut für Physik der Universität Augsburg geschaffen wurden. Rufe an die Universität Genf sowie an die ETH Zürich hat Mannhart, der zwischenzeitlich auch Gastwissenschaftler an der Stanford University war, im vorigen und in diesem Jahr abgelehnt.

Zu den Auszeichnungen und Ehrungen, die der neue Augsburger Leibniz-Preisträger bislang erfahren hat zählen u. a. der Dr.-F.-Förster-Preis of the University of Tübingen (für seine Dissertation) sowie in den Jahren 1990 und 1992 jeweils ein Outstanding Technical Achievement Award von IBM - der erste für "Studies of Electrical Properties of Grain Boundaries in High-Tc Superconductors", der zweite für "'Pioneering Work on the Field Effect in High-Tc Superconductors'. 2004 wurde Mannhart vom Insitute of Physics (IoP), 2006 von der American Physical Society (APS) zum Fellow ernannt.
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Foto zu dieser Pressemitteilung:

http://idw-online.de/pages/de/news239205
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Kontakt:

Prof. Dr. Jochen Mannhart
Lehrstuhl für Experimentalphysik VI/EKM
Institut für Physik der Universität Augsburg
D-86135 Augsburg
Telefon +49(0)821-598-3650
jochen.mannhart@physik.uni-augsburg.de
http://www.physik.uni-augsburg.de/exp6/index/index_d.shtml

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Pressemitteilung der DFG zum Leibniz-Preis 2008

http://idw-online.de/pages/de/news239179
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Weitere Informationen zu Forschungserfolgen am Lehrstuhl Mannhart:

http://idw-online.de/pages/de/news227452
http://idw-online.de/pages/de/news220898
http://idw-online.de/pages/de/news173391
http://idw-online.de/pages/de/news140036
http://idw-online.de/pages/de/news81543
http://idw-online.de/pages/de/news69327
http://idw-online.de/pages/de/news68381
http://idw-online.de/pages/de/news52350
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