Die Herstellung dünner EuO-Schichten auf Silizium
öffnet die Tür zur Integration von Halbleiter- und
Spintechnologie
Elektronen sind kleine, geladene Magnete, die sich in einem Magnetfeld
ausrichten lassen. Die Spinelektronik nutzt diese Eigenschaft der Elektronen
aus. Wenngleich diese Technologie schon Einzug in unseren Alltag gehalten hat -
die Funktion der Festplatten-Leseköpfe basiert auf dem Elektronenspin -,
steht ihr großer Durchbruch noch aus. Voraussetzung für diesen
Durchbruch ist die Integration der Spinelektronik mit der gewöhnlichen, auf
Halbleitern basierenden Mikroelektronik. Wie die Zeitschrift "Nature Materials"
in ihrer neuesten Online-Ausgabe vorab berichtet (siehe
http://www.nature.com/nmat/journal/vaop/ncurrent/abs/nmat2012.html), sind
Physiker am Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus (EKM)
der Universität Augsburg zusammen mit Kollegen der Pennsylvania State
University, der Forschungsneutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz und der Cornell
University dieser Integration jetzt einen großen Schritt näher
gekommen. "Wir sehen jetzt die Möglichkeit, Silizium-basierte Bauelemente
zu realisieren, die über ihre elektrische Ladung hinaus auch den
elektronischen Spin zur Informationsspeicherung und -verarbeitung nutzen", so.
Dr. Andreas Schmehl. "Es ist uns gelungen, den ferromagnetischen Halbleiter
Europiumoxid im direkten Kontakt mit Silizium herzustellen und nachzuweisen,
dass dieses neue Material mit einer parallelen Ausrichtung von über 90
Prozent der Elektronen hochgradig spinpolarisiert ist."
Die heutige, auf Halbleitern basierte Mikroelektronik zieht ihre
Funktionalität ausschließlich aus der elektrischen Ladung der
Elektronen. Elektronen besitzen neben ihrer Ladung aber auch noch eine weitere,
für die Informationsverarbeitung hochinteressante Eigenschaft, ihren Spin
nämlich. Der Spin eines Elektrons gleicht der Magnetisierung einer
Kompassnadel, die sich bezüglich eines Magnetfelds nur parallel (up) oder
antiparallel (down) ausrichten kann.
Bislang ungenutzte Elektroneneigenschaft
Die alltägliche Halbleiterelektronik ignoriert den Spin bislang. So sind in
einem iPod 50 Prozent der Spins "up" und 50 Prozent "down" ausgerichtet, aber
weder der iPod noch seine Benutzer ziehen daraus irgendeinen Nutzen. Hier setzt
das junge Forschungsfeld der Spinelektronik an, das diese beiden
Elektronensorten unterscheidet und in Bauelementfunktionen einsetzt. Hierzu
bedarf es aber Materialien, die einerseits nur eine Spinsorte - "up" oder "down"
- zur Verfügung stellen und andererseits mit der Halbleitertechnologie
vereinbar sind.
Polarisierte EuO-Elektronen gelangen ohne Ausrichtungsverlust ins
Silizium
Die Augsburger Physiker haben es geschafft, mit Europiumoxid (EuO) - einer
Verbindung aus dem Metall Europium und Sauerstoff - ein solches Material direkt
auf Silizium, dem "Arbeitspferd" der Halbleiterindustrie, herzustellen. Wie die
Physiker zeigen konnten, weisen dabei 90 Prozent der elektronischen Spins des
Europiumoxids in eine Richtung, deutlich mehr als in Konkurrenzmaterialien wie
Eisen oder Kobalt. EuO ist in vielen Eigenschaften Silizium
außerordentlich ähnlich, so dass die Verbindung dieser beiden
Materialien erstmals die Möglichkeit eröffnet, die polarisierten
Elektronen effizient und direkt in das Silizium zu leiten, ohne dass sie dabei
ihre Ausrichtung zu verlieren.
Schutzschichten verhindern EuO-Zerfall
Das große Potential, das in Europiumoxid steckt, ist seit langem bekannt.
Da EuO aber in Luft nicht stabil ist und zerfällt, konnte dieses Material
bisher nicht in breitem Umfang genutzt werden. Durch die Entwicklung spezieller
Schutzschichten und Bearbeitungsverfahren konnten die Augsburger Physikern
dieses Problem lösen und damit die Tür zur Silizium-basierten
Spinelektronik ein weites Stück aufzustoßen.
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Originalbeitrag:
Epitaxial integration of the highly spin-polarized ferromagnetic semiconductor
EuO with silicon and GaN - Andreas Schmehl, Venu Vaithyanathan, Alexander
Herrnberger, Stefan Thiel, Christoph Richter, Marco Liberati, Tassilo Heeg,
Martin Röckerath, Lena Fitting Kourkoutis, Sebastian Mühlbauer, Peter
Böni, David A. Muller, Yuri Barash, Jürgen Schubert, Yves Idzerda,
Jochen Mannhart & Darrell G. Schlom
(http://www.nature.com/nmat/journal/vaop/ncurrent/abs/nmat2012.html)
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Ansprechpartner:
Dr. Andreas Schmehl
Tel. +49(0)821/598-3669
andreas.schmehl@physik.uni-augsburg.de
Prof. Dr. Jochen Mannhart
Telefon +49(0)821/598-3650
jochen.mannhart@physik.uni-augsburg.de
Lehrstuhl für Experimentalphysik VI / EKM
Institut für Physik
Universität Augsburg
D-86135 Augsburg
http://www.physik.uni-augsburg.de/exp6/
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Bildmaterial: http://idw-online.de/pages/de/news227452
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